Wiederbewaldung nach der Eiszeit

Als vor etwa 20.000 Jahren die Gletscher der letzten Kaltzeit schmolzen, war darunter nichts als Geröll und blanker Fels. Bäume waren in Europa nur in wenigen südlich gelegenen Rückzugsrefugien zu finden. Mit steigenden Temperaturen kehrte nach und nach das Leben in den Alpenraum zurück. Am Anfang kamen Flechten, Pilze und Algen. Sie lösten wertvolle Nährstoffe aus dem Gestein und bereiteten den Boden für die Rückkehr der Pflanzen. Mit den Moosen und Gräsern zog das Grün in die Berge ein. Nun folgten Zwergsträucher und Büsche und schließlich kamen die Bäume.


Unter den ersten Baumarten waren Latsche und Birke. Kiefern und Weiden, Pappeln und Erlen folgten. Wesentlich später kehrten wärmeliebende Baumarten, wie Eichen, Ulmen und Linden zurück. Die Fichte breitete sich um 9.000 vor Christus kräftig aus und verdrängt alle anderen Baumarten. Dann mischte sich die Tanne unter die Fichte. Als letzte der Hauptbaumarten erschien um 4.000 vor Christus die Rotbuche.

Menschliche Nutzung der Wälder

5.500 vor Christus fand in der Europa die erste Besiedlung durch Menschen statt. Erste Siedlungen im Raum Lunz gehen auf die Jungsteinzeit zurück.

750 vor Christus wurde in der Region mit dem Erzabbau begonnen. Noch heute ist der Name „Eisenwurzen“ geläufig.

Mit dem Bergbau stieg auch der Druck auf den Wald, da Holz ein wichtiger Rohstoff war.


1074 wurde das Benediktinerstift Admont gegründet. Das Stift beanspruchte alle Gebiete, die in die Enns entwässerten.

1330 stiftete Herzog Albrecht II. die Kartause Gaming, deren Grundbesitz über den Dürrenstein bis in den Rothwald reicht.

Zwischen der Kartause Gaming und dem Stift Admont entstand ein Grenzstreit um das heutige Wildnisgebiet, der über 450 Jahre währte und etwa 2.700 Hektar Urwald vor der Abholzung bewahrte.

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1782 enteignete Josef II. die Kartause Gaming und verstaatlicht die Besitzungen.

Die Entlegenheit und die schwierigen Bedingungen für den Transport des Holzes schützen den Urwald auch nach der Verstaatlichung. Trotzdem schrumpfte der unberührte Wald rasch.

Als die „Aktiengesellschaft für Forstindustrie“ 1875 bankrott ging übernahm Albert Rothschild die Gebiete der Forstdomäne Waidhofen und Gaming.

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Unter Schutzstellung der Wälder

1997 startete ein LIFE-Projekt, das den dauerhaften Schutz des Wildnisgebiets zum Ziel hatte.

2002 wurde der Schutz von 2.400 Hektar durch die Anerkennung der IUCN rechtlich verankert. Das Gebiet wurde als Schutzgut der Kategorie Ia (strenges Naturreservat) und Ib (Wildnisgebiet) anerkannt.

2013 kam es zu einer großen Erweiterung der Wildnisgebietsfläche um mehr als 1.000 ha.


2017 wurde etwa die Hälfte des Schutzgebietes Teil des UNESCO Weltnaturerbes "Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderen Regionen Europas".

2021 wurde das Haus der Wildnis eröffnet, um eine Erfahrungsbrücke zwischen den sensiblen Schutzgebiet und interessierten Besucher*innen zu bauen.

Im selben Jahr wurde der politische Entschluss gefasst, das Gebiet um 3.400 Hektar in die Steiermark zu vergrößern.


1825 kaufte Graf Albert Festetics de Tolna die ehemaligen Kartäuser-Ländereien und verkaufte sie 1869 wiederum an die „Aktiengesellschaft für Forstindustrie“, die massive Abholzungen startete.

1875 kaufte Albert Rothschild die Flächen, um Kleinaktionäre in einer Wirtschaftskrise zu entlasten. Als begeisterter Naturliebhaber stellte Albert Rothschild den verbleibenden Urwald unter seinen persönlichen Schutz.

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1938 wurde die Familie Rothschild enteignet und die Wälder verstaatlicht.

1942 wurde der Urwald Rothwald erstmals unter Naturschutz gestellt.

Nach dem Ende des 2. Weltkriegs erhielt die Familie Rothschild ihre Besitzungen zurück, nahm aber nur den Ostteil des Wildnisgebietes wieder an. Die anderen Teile gingen an die Österreichischen Bundesforste.

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Kalte Zeiten - das Ende der Würm Kaltzeit

Die letzte Kaltzeit in Europa war das Würm-Glazial. Zu ihrem Höhepunkt, vor etwa 25.000 Jahren, war der Großteil des heutigen Wildnisgebiets unter dicken Eispanzern begraben.

Der Hochschwab und alle umliegenden Gebirge waren vergletschert. Am Rücken der Göstlinger Alpen bildete sich eine Eiskappe, von der aus Eisströme in alle Richtungen flossen. An der Nordwestflanke erreichten die Gletscherzungen den Talboden der Mendling.


Im Bereich der Südostflanke waren die Gletscher sogar noch mächtiger. Auf den Höhenzügen lagen meterhohe Schnee- und Eismassen, die in gewaltigen Lawinen bis zum Lassingbach donnerten. Daraus entwickelte sich ein geschlossener Gletscher durch das Lassingtal hindurch bis zur Mündung der Salza.